Anleger sollten in Aktien investiert sein

Anleger sollten voll in Aktien investiert sein

Die Aktienmärkte eilen von Rekord zu Rekord. Damit steigt aber auch die Höhenangst der Anleger. Trotzdem führt derzeit kein Weg an Aktien vorbei. Festverzinsliche Wertpapiere werfen nach wie vor keine zufriedenstellende Rendite ab - im „sicheren“ Staatsbereich oft sogar eine negative. Beispielsweise bieten deutsche Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit derzeit einen Zins von minus 0,3 Prozent. Zusammen mit der aktuellen Inflation von 1,3 Prozent führt dies zu einen jährlichen Kaufkraftverlust von 1,6 Prozent. Aus 1000 Euro, die so investiert werden, sind real nach zehn Jahren nur noch 830 Euro übrig, die Anleger fahren einen Verlust von 17 Prozent ein.


Investoren, die mit Anleihen positive Renditen erzielen möchten, müssen das Risiko spürbar erhöhen und Emittenten in Kauf nehmen, bei denen ein signifikantes Ausfallrisiko besteht. Das wird auch noch in der Zukunft so bleiben, da die Notenbanken ein klares Bekenntnis zu „dauerhaft“ niedrigen Zinsen abgegeben haben. Sollte dieses „Versprechen“, die Zinsen nicht anzuheben, gebrochen werden, hätte das am Rentenmarkt ebenfalls erhebliche Kursverluste zur Folge, da die Renditen dann dort steigen.

Früher beeinflussten die Notenbanken durch die Leitzinsen und Refinanzierungsätze nur die kurzfristigen Zinsen. Doch mittlerweile kaufen Fed, EZB und Co. auch selbst Anleihen. Damit haben sie erstmals ein Werkzeug in der Hand, Zinsen am langen Ende direkt zu beeinflussen - zum Beispiel die der zehnjährigen Bundesanleihen. Vor wenigen Jahren wäre dies noch undenkbar gewesen. Die Rentenmärkte bleiben damit vorerst unattraktiv.


Licht am Ende des Corona-Tunnels

Sehr viel bessere Aussichten bieten die Aktienmärkte – trotz rekordhoher Niveaus. Die Börsen leben derzeit von der Aussicht auf eine Erholung der Wirtschaft, die spätestens nach der erfolgreichen Bekämpfung der Corona-Pandemie einsetzen sollte, was nach dem heutigen Stand für den Herbst zu erwarten ist.


Die aktuell geschlossenen Geschäfte und Restaurants sowie der massiv eingeschränkte Tourismus sorgt für eine erzwungene Konsumzurückhaltung. Diese wird sich aber schubartig Bahn brechen und entladen, wenn die Restriktionen wegfallen können. Das haben der Run auf die Geschäfte in Wien gezeigt, als dort im Februar der Einzelhandel wieder öffnen durfte. Einen ähnlichen Hype gab es bei Flugticktes nach Mallorca, als die Insel kurz vor Ostern nicht mehr als Risikogebiet eingestuft wurde.

Die „Übersparquote“, also das, was zusätzlich zu der normalen Sparquote durch die Restriktionen der Pandemiebekämpfung quasi erzwungen wurde, liegt nach verschiedenen Berechnungen weltweit bei circa zehn Prozent des Jahreskonsums. Anders als bei normalen, wirtschaftlich bedingten Rezensionen muss diesmal nicht erst ein Prozess des wirtschaftlichen Aufbaus durchlaufen werden, um wieder höhere Nachfrage zu generieren. Diese Nachfrage ist praktisch sofort bei Aufhebung der Beschränkungen vorhanden und kann unmittelbar wirksam werden.


Es gibt nach jetzigem Stand in der Wirtschaft deutlich weniger echte, strukturelle Langfristschäden, als ursprünglich befürchtet. Das bedeutet, dass die Volkswirtschaften gewissermaßen sofort fast an das Niveau der Vor-Corona-Zeit anknüpfen können. Diese Entwicklung wird sich allerdings weltweit nicht gleichzeitig abspielen, sondern in Abhängigkeit von den Erfolgen bei der Pandemiebekämpfung beziehungsweise Impfung zeitversetzt. China liegt hier weit vor den USA. Europa bildet unter den industrialisierten Staaten leider das Schlusslicht. Trotzdem hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft für dieses Jahr um 0,5 auf satte sechs Prozent angehoben. Daher sollten Anleger bereits seit geraumer Zeit voll investiert sein. Wichtig ist dabei – wie immer – das Risikomanagement. Denn es könnten verschiedene Störfaktoren auftreten.


Auf Warnschüsse reagieren


Sollte sich die Kommunikation beziehungsweise die Ausrichtung der Notenbanken ändern, gilt es umgehend, den Schalter umzulegen und die Aktienquote zu verringern oder zumindest abzusichern. Ein anderer Warnschuss könnte sein, dass Lockerungsmaßnahmen kaum oder nicht möglich werden, weil Corona-Mutationen auftreten, vor denen die Impfstoffe nicht schützen.

Denkbar wäre auch, dass dem einmaligen, impulsartigen Entladen der Nachfrage eine weiterhin deutlich höhere Sparquote folgt und damit die Nachfrage dauerhaft geringer ausfällt, als erwartet. Schließlich sind bei zahlreichen Unternehmen durch Überbrückungskredite die Schulden stark gestiegen. Diese müssen nicht nur irgendwann getilgt werden, sondern sorgen auch für höhere Zinslasten. Diese Sekundärschäden belasten die Gewinne und können im schlimmsten Fall Insolvenzen verursachen. In solchen Szenarien ist möglicherweise schnelles Handeln zur Gefahrenabwehr für das Portfolio erforderlich. Noch sind diese möglichen Störfaktoren aber nicht aufgetreten.


Daher sollten Anleger, die derzeit liquide Mittel in Höhe von beispielsweise 25.000 Euro investieren möchten, bis die ersten Warnschüsse fallen, vor allem Aktien bevorzugen. Empfehlenswert ist ein breit über Branchen und Regionen gestreutes Portfolio. Die lässt sich einfach und kostengünstig über ETFs umsetzen. Aufgrund der langfristig besseren Performance bieten sich vor allem nachhaltige AktienInvestments an – auch, weil sowohl der Green Deal in der EU als auch das zweite Konjunkturprogramm in den USA ausdrücklich den ökologischen Umbau der Volkswirtschaften zum Ziel haben.

Mark-Uwe Falkenhain