Bei Dax und Co. steigt die Fallhöhe

Allen negativen Rahmendaten zum Trotz: Die Aktienmärkte steigen seit dem Oktober vergangenen Jahres. Anleger sollten diese Aufwärtsbewegung noch mitnehmen, aber im Prinzip täglich mit einer Korrektur rechnen.

Der Deutsche Aktienindex Dax hat seit Jahresanfang rund 16 Prozent dazugewonnen. Das ist in etwas doppelt so viel, wie im historischen Durchschnitt in einem ganzen Jahr. Gleichzeitig ist der Dax in diesem Zeitraum spürbar besser gelaufen als S&P 500, der die 500 größten in den USA notierten Aktiengesellschaften umfasst. Dass deutsche Aktien amerikanische outperformen, kommt eher selten vor. Meistens hat die Wall Street die Nase vorn. Erschwerend kommt hinzu, dass für das Plus der Indizes in den USA gerade einmal eine Hand voll Tech-Konzerne sorgt. Der breite Markt dümpelt eher vor sich hin.

Aber kaum ein Anleger traut diesem Anstieg so richtig. Sogar die europäische Zentralbank EZB warnte zuletzt vor erhöhten Risiken für die Stabilität des Finanzsystems im Euroraum. Als Gründe nannten die Währungshüter die jüngsten Bankenturbulenzen, die hartnäckige Inflation und schwierigere Finanzierungsbedingungen.

Zwar scheint mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ein Crash im Bankensektor erst einmal abgewendet zu sein. Doch wenn Kunden plötzlich anfangen, umfangreich ihre Einlagen bei einem Kreditinstitut abzuziehen, können sie jede Bank in die Knie zwingen, auch eine eigentliche gesunde. Ein Bankenrun ist jederzeit möglich.

Inflation noch viel zu hoch

Gleichzeitig ist bei der Geldentwertung noch keine Entwarnung in Sicht. Im Euroraum ist die Inflationsrate im April sogar wieder leicht gestiegen und lag mit sieben Prozent noch meilenweit vom Zwei-Prozent-Ziel der EZB entfernt. Nach der jüngsten Anhebung rechnen die Anleger mehrheitlich nur noch mit einer weiteren Zinserhöhung um 0,25 Prozent durch die EZB. Es stellt sich jedoch die spannende Frage, ob das allein ausreicht, die Geldentwertung in den Griff zu bekommen.Zumi dest in Deutschland bahnt sich eine sogenannte Lohn-Preis-Spirale an. Die letzten Lohnabschlüsse im prozentual zweistelligen Prozentbereich werden in den kommenden Monaten die Preise nach oben treiben.

Noch bremsen die fallenden Energiepreise die Inflation. Öl der Nordseesorte Brent kostet aber seit März vergangenen Jahres immer weniger. Allerdings wird sich hier der sogenannte Basiseffekt in den kommenden Monaten ausschleifen. Konkret bedeutet dies, dass seit März dieses Jahres die Vergleichsbasis aus dem Vorjahr immer niedriger ausfällt. Im Dezember 2022 kostete ein Fass Öl der Sorte Brent bereits im Tief mit rund 76 Dollar nur minimal mehr als heute. Während die steigenden Löhne den Inflationsdruck erhöhen, lässt der deflatorische Effekt der sinkenden Energiepreise nach. Das Thema Inflation ist längst noch nicht vom Tisch, auch wenn sich wenigsten Lebensmittel zuletzt wieder etwas verbilligt haben.

Schließlich könnten die schwieriger gewordenen Finanzierungsbedingungen die Finanzmärkte ins Wanken bringen. Wenn es für Unternehmen nicht nur teurer, sondern gleichzeitig schwerer wird, an Fremdkapital zu kommen, kann das vor allem bei hoch verschuldeten Firmen zum Problem werden. Die Immobilienmärkte spiegeln schon länger wider, dass durch gestiegene Bau- und Grundstückskosten - sprich Inflation - bei gleichzeitig anziehenden Zinsen und einer Zurückhaltung der Banken bei Vergabe von Hypothekendarlehen es immer weniger Menschen möglich ist, eine eigene Wohnung oder ein Haus zu erwerben. In der Vergangenheit hat ein Crash an den Immobilienmärkten auch immer die Finanzmärkte mit nach unten gerissen.

Die größte Gefahr für Dax und Co. geht möglicherweise von den Unternehmensgewinnen aus. Nicht alle Firmen werden die höheren Lohnkosten eins zu eins an ihre Kunden weitergeben können. Dazu kommt das maue konjunkturelle Umfeld beziehungsweise die mögliche Rezession. Wenn die Umsätze der Unternehmen unter Druck geraten, fällt es ihnen natürlich schwerer, ihre Gewinne weiter zu steigern. Auf stagnierende oder sogar fallende Unternehmensgewinne reagieren die Börsianer in der Regel mit dem Verkauf der entsprechenden Aktien.

Die 25000-Euro-Frage

In diesem Umfeld sollten Anleger ihr liquiden Mittel, also beispielsweise 25000 Euro, überwiegend oder ganz in Aktien investiert haben, um die Aufwärtsbewegung noch mitzunehmen. Dabei ist es jedoch unbedingt notwendig, die geschilderten Risiken möglichst täglich im Blick behalten. Denn das Thema Korrektur wird mit jedem Tag heißer, an dem die Aktien weiter nach oben laufen. Bei Anleihen ist dagegen eher noch zur Vorsicht zu raten. Zwar werfen diese mittlerweile wieder halbwegs nennenswerte Zinsen ab. Wenn die EZB aber wie erwartet die Leitzinsen weiter erhöht, führt das - auch bei eher kurz laufenden Anleihen - zu Kursverlusten. Daher sollten Anleger, wenn überhaupt, Bargeld lieber auf einem Tagesgeldkonto halten, um bei möglichen Kursverlusten an den Aktienmärkten preiswert nachkaufen zu können.

Mark-Uwe Falkenhain