Der Norwegische Staatsfonds erweist sich als grandiose Mogelpackung

Der Norwegische Staatsfonds gilt als Blaupause für nachhaltige Investmentstrategien. Mark-Uwe Falkenhain, Vorstand bei der Geneon Vermögensverwaltung, sieht das unter anderem wegen der laschen
Ausschluss-Kriterien und des fehlenden Best-in-Class-Ansatzes anders und meint, dass es bessere Lösungen gibt.


Der Norwegische Staatsfonds, auch Staatlicher Pensionsfonds genannt, verfügt über ein tolles Image. Dieser Supertanker der Geldanlage gilt als Paradebeispiel dafür, wie sich wirtschaftlicher Erfolg, Altersvorsorge für die Bürger und nachhaltige Geldanlage vereinen lassen. Da stellt sich für Anleger die Frage: Warum nicht einfach ein weltweit beachtetes Vorbild kopieren - den Norwegischen Staatsfonds? Doch wer genau hinschaut, erlebt vor allem eins: eine nachhaltige Enttäuschung!


Beim Norwegischen Staatsfonds handelt es sich mit einem Volumen von 1,15 Billionen Euro um den größten Investor der Welt. Der Staatliche Pensionsfonds ist weltweit an mehr als 9.000 Unternehmen beteiligt. Ihm gehören rund um den Globus fast 1,5 Prozent aller börsennotierten Aktiengesellschaften. Seit seinem Start im Jahr 1998 hat er sich den Gedanken des nachhaltigen Investierens auf die Fahnen geschrieben. Das ist schon interessant. Denn das Kapital für den Staatsfonds stammt zu großen Teilen aus dem Verkauf von Öl und Gas, was die Norweger in der Nordsee fördern. Denn die Haushaltsüberschüsse des norwegischen Staats überträgt dieser zu einem guten Teil in den Fonds.


Und Norwegen verfügt regelmäßig über Haushaltsüberschüsse, weil die Einnahmen aus der Öl- und Gasförderung noch sprudeln. Das gilt gerade für die jüngste Zeit. Seit dem Corona-Crash im Frühjahr 2020 kennt der Ölpreis fast nur eine Richtung: nach oben. Die entsprechenden Erträge machen inzwischen mehr als die Hälfte des Fondsvermögens aus.


Es lässt sich also trefflich darüber streiten, ob sich ein Fonds, der sich aus fossilen Energiequellen speist, überhaupt als nachhaltig einstufen lässt. Zumindest die Mittel, die aus den Haushaltsüberschüssen des Landes stammen, fließen in Anlagen, die nach den Fonds-Kriterien als nachhaltig gelten. Doch Anleger, die sich am Norwegischen Staatsfonds orientieren möchten, sollten hier genauer hinschauen. Denn die Nachhaltigkeits-Politik des Fonds steckt voller Macken. Wer würde glauben, dass der Norwegische Staatsfonds nicht einmal ein Prozent aller Unternehmen weltweit wegen Verletzung seiner Nachhaltigkeitskriterien ausschließt? Das ist so viel oder sogar weniger als bei den berüchtigten ESG-ETFs.

Nicht nachhaltig überzeugend
Das liegt nicht nur an den vergleichsweise laschen Ausschluss-Kriterien, die weder fossile Brennstoffe, klassische Rüstungsfirmen noch Kernenergie, grüne Gentechnik und Alkohol aus dem Portfolio verbannen. Es liegt auch daran, dass der Norwegische Staatsfonds nicht einmal in Ansätzen einen Best-in-Class-Ansatz praktiziert. Untern Strich erweist sich der Norwegische Staatsfonds für nachhaltig
orientierte Anleger als grandiose Mogelpackung. Es gibt nur wenige Ausschlusskriterien, keinen Best-in-Class-Ansatz und erst recht keine Förderung von Unternehmen, die nachhaltige Entwicklungsziele wie die 17 Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen unterstützen. Der Ansatz des Fonds
kann nicht wirklich überzeugen.


Zumindest das Ziel des Fonds ist durchaus ehrenwert. Er soll langfristig einen Kapitalstock für aktuelle und künftige Generationen in Norwegen aufbauen. Vereinfacht ausgedrückt will der norwegische Staat Geld für die Zeit nach der Ölund Gasförderung beiseitelegen. Das macht durchaus Sinn, denn die Vorkommen werden irgendwann versiegen.


Bis zu drei Prozent des Vermögens dürfen pro Jahr entnommen werden. Diese drei Prozent sind denn auch die Zielmarke für die Rendite, die der Fonds pro Jahr erwirtschaften soll. Aus der Vorgabe ergibt sich die Verteilung des Anlagevermögens: Rund 73 Prozent stecken in Aktien, 25 in Anleihen und gut zwei Prozent in Immobilien. Und wie sah die tatsächliche Rendite nun aus? Von Anfang 1998 bis Ende 2021 hat der Staatsfonds eine annualisierte Rendite von 6,6 Prozent vor Kosten erzielt. Nach Abzug der Kosten blieben 4,6 Prozent per annum übrig.


Weniger Rendite als ein ETF-Portfolio
Der Fonds erfüllt problemlos die Renditevorgabe von drei Prozent. Doch ein Portfolio aus ETFs hätte bei identischer Verteilung auf Aktien, Renten und Immobilien brutto das gleiche Ergebnis geliefert. Die Nettorendite aber, auf die es letztlich ankommt, wäre bei den ETFs mit gut sechs Prozent höher ausgefallen, da deren Kosten weit unter denen des Norwegischen Staatsfonds liegen.

Nachhaltigkeits-Check zeigt: Hier weht viel heiße Luft! Nachhaltige Geldanlagen lassen sich eindeutig besser umsetzen als es dieser Supertanker macht. Das gilt sowohl was die Nachhaltigkeit als auch die Rendite betrifft.

Mark-Uwe Falkenhain